Nach unserer Sammelaktion am 11.03.2022 fuhren am selben Abend insgesamt zehn Transporter nach Polen, um flüchtende Menschen aus der Ukraine nach Deutschland zu verbringen. Allen mithelfenden Fans sei an dieser Stelle nochmals ausdrücklich gedankt!
Zum Heimspiel gegen den VfL Osnabrück wurden an den Eingängen Spenden in Höhe von insgesamt 3.576,52 € gesammelt. Mit diesem Geld können die Spritkosten für diese und weitere geplante Fahrten zumindest zum Teil gedeckt werden. Ein großer Dank an alle FSV-Fans die gespendet haben!
Am Spieltag selbst, besuchten drei Ukrainer das Fanprojekt, die einen Tag zuvor von Zwickauer Fans aus Polen abgeholt wurden und aus der Stadt Winnyzja stammen. Wir hoffen, dass Sie in Zwickau einen für Sie in einer schweren Zeit relativ normalen Tag erleben konnten und sich willkommen fühlten. Ins Stadion ging es dann auch noch, wie ihr auf dem Foto sehen könnt.
Wer sich auch engagieren möchte, dem sei das nächste Netzwerktreffen am Donnerstag im Alten Gasometer ans Herz gelegt:
Untenstehend könnt ihr einen sehr eindrücklichen Text eines Fans lesen, der bereits eine Woche zuvor nach Polen reiste, um zu helfen.
Warum veröffentlichen wir das in dieser Form? Weil wir damit zeigen wollen, dass es unsere Familien sein können, die aus einem Kriegsgebiet flüchten müssen. Der Krieg ist nicht so weit weg, wie wir das vielleicht alle hoffen
Der Krieg in der Ukraine und wie wir helfen
Die einen von euch beobachten das Thema mehr, die anderen weniger. Bei uns in der Fanszene hat sich ein kleines Lager herausgebildet, was sich diesem Thema sehr annimmt. In den folgenden Zeilen lest ihr meine Eindrücke der vergangenen Woche als wir uns aus Zwickau an die ukrainische Grenze aufmachten um dort Menschen in Not zu helfen und diese nach Deutschland zu bringen. Wenn ihr diese Zeilen lest, stehe ich bereits wieder im Block und habe schon die zweite Reise mit fast 2000km hinter mir, war circa wieder 20-24h im Auto unterwegs und knapp 42h wach.
Das Thema die Ukraine wurde angegriffen packte mich sofort als ich noch in Miami im Urlaub war und man sich vor Augen halten muss, du kehrst in deine Heimat zurück und auf deinem Kontinent ist Krieg, der kürzer entfernt ist als eine Reise nach Rom. Die ersten Bilder schlugen nicht nur vor Ort ein, sondern auch bei mir wie eine Bombe. Frauen und Kinder auf der Flucht, Menschen in Massen am Flüchten und das direkt vor der Haustür im Jahr 2022? Ich konnte es nicht wirklich realisieren und empfand unendliches Leid für die Menschen in der Ukraine, was ich nach der folgenden Tour noch viel intensiver verspüre und mich weiterhin noch viel mehr antreibt. Als in anderen Städten schon die ersten Hilfsaktionen starteten, war Zwickau noch etwas verschlafen, das Fanprojekt Dresden hat schon die ersten Konvois geplant und gefahren, an welche wir uns dann mit ran hingen. Freitagnachmittag startete dann in Zwickau mit 2 Transportern der erste Hilfsgüter-Transport aus dem Dunstkreis der Fußballszene. Wir haben uns mit der Hilfsgruppe in Dresden vernetzt und innerhalb einer Woche hat sich ein großes Netzwerk von fast 30 Personen, auch Personen ohne Fußballbezug, aufgebaut, welche mit 16 Fahrzeugen über ein Wochenende verteilt nach Polen fuhren um Waren zu bringen und Menschen abzuholen. In Dresden war bereits einiges organisiert, wir hatten einen Ansprechpartner vor Ort in einem Auffanglager im polnischen Hrubieszów und auch die Unterkünfte in Dresden wurden geregelt, von Hotel bis Privatwohnung. Freitagabend nachdem wir ein paar gesammelte Sachen eingeladen haben, waren wir nochmal im Kaufland einkaufen und haben unsere Transporter aufgefüllt mit benötigten Artikeln. Dann ging die Reise los, mautfrei von Dresden über Wroclaw, Lodz und Warszawa nach Lublin und von dort aus nach Hrubieszów. Ich kann auch nicht mehr hören wie teuer hier der Diesel oder Benzin ist, Leute dann fahrt mal die polnische Autobahn entlang und eure Realität wird sein, dass Diesel nicht vorhanden ist und hier und dort gänzlich die Tanksäulen geschlossen, das kann uns hier genauso ereilen. „Maximalabgabemenge 50L und keine Kanister füllen“ steht an vielen Zapfsäulen. Auf dem Rückweg mussten wir in Lublin reinfahren zum Tanken, da unterwegs keine Tankstelle Diesel hatte. Also lieber nicht auf den letzten Tropfen fahren.
Am Morgen in Hrubieszów angekommen, luden wir unsere Hilfsgüter aus und haben das Chaos in dem Auffanglager langsam wahrnehmen können. Eine Turnhalle umfunktioniert um Menschen unterzubringen, hunderte von Menschen die auf dem Parkett und der Tribüne schlafen müssen dicht an dicht. 2 Toiletten, ein Lager für Lebensmittel im inneren der Halle, draußen türmte sich das Wasser und in einem Zelt waren überschüssige Decken und Kleidung untergebracht sowie elektronische Artikel. Nach dem Ausladen wollten wir einmal durch den Haupteingang die Halle betreten um uns ein genaues Bild zu machen und wurden vom polnischen Militär abgelehnt mit „Take a look? No we don‘t like this“ Dann gab es eben erstmal vom örtlichen Klobasa Grill für manche eine dicke Wurst und für mich den schwärzesten Instantkaffee meines Lebens. Hut ab und gigantischen Respekt an die Polen, was die für eine Versorgungshilfe leisten…Bis wir dann doch reindurften weil wir ja Menschen mitnehmen wollten.
Vor dem Hallenparkett, ich nenne es Vorsaal, hingen an einer Wand dutzende Zettel gepappt wie eine Börse, wer wo hin möchte. Wir hatten eine Ansprechpartnerin vor Ort, welche quasi die Koordinatorin war und Ansprechpartner für die Mitnahme von Geflüchteten. Diese teilte uns dann eine größere Familie zu, 2 Mütter 4 Kinder(2x 3-5 Jahre 2x 13-14 Jahre). Wenn man sich umgeschaut hat, waren auch zu 99% nur Frauen und Kinder vor Ort. Telefonierende, weinende Frauen, Menschen die einfach gar keinen Gesichtsausdruck mehr hatten und eine Hülle ihrer selbst waren. Die Dresdner Autos welche uns begleiteten nahmen ein altes Ehepaar augenscheinlich 70+ mit und der andere Wagen auch eine kleine Familie. Nach ungefähr 2h vor Ort und chaotischem Hin und Her ging es für uns gegen 9-10 Uhr zurück nach Deutschland und wer glaubt dass man nicht mehr beeindruckt werden kann als von diesen chaotischen Zuständen, der Trauer und dem erkennbaren Leid der Menschen dort, der hat nicht mit der Rückfahrt gerechnet.
Die Grenzen sind von 23:00 bis früh 6:00 Uhr geschlossen, dann kommen die Leute wieder Stoßweise in Polen an, in sowieso schon aus allen Nähten platzenden Einrichtungen und zur Durchfahrt. Wir fuhren also heim und unser erster Halt war eine große Raststätte nähe Lublin. Dort waren dann unzählige Essenstände aufgebaut, es gab Getränke und allerlei warmes Essen, Lunchpakete zur Mitnahme und sogar Spielzeug für Kinder, selbstverständlich alles kostenlos. Wir haben auch viele andere deutsche Autos gesehen, sogar aus Norwegen und Dänemark. Und liebe Freunde, dort brennt sich das nächste in den Kopf ein, da kam ein Reisebus nach dem anderen an, es war krank, was steigt aus? Frauen und Kinder, verweinte aber auch Menschen ohne jegliche Mimik, gezeichnet von Stunden, die wir uns vermutlich alle nicht vorstellen können. Während die kleinen Kinder noch rumblödelten, waren die Gesichter der Teenies leer und emotionslos. Viele, viele Autos mit ukrainischen Kennzeichen und auch hier suchte man vergebens einen Mann. Wir erfuhren, dass unsere Flüchtlinge 3 Tage lang aus Charkiw unterwegs waren ohne zu schlafen, zu Fuß und mit Fahrzeugen, einen kranken Weg hinter sich gehabt um dann erstmal im polnischen Auffanglager zu landen, wo sie noch Glück hatten gleich bei uns zu landen ohne dort nächtigen zu müssen wie andere. Im Dresdner Fahrzeug das kleine Kind hat geweint wegen Magenkrämpfen und später auf der Reise erhält die Frau und Mutter einen Anruf, dass ihr Mann eingezogen wurde und in den Kampf muss und brach in Tränen aus. Wenn man sich vorstellt, wie nah diese Tragödie zur eigenen Heimat ist, es macht etwas mit dir und es zerreißt mir das Herz. Nach vielen Stunden Fahrt, einigen Fahrerwechseln und ein paar Kurzschlafanfällen später kamen wir nachts gegen 23:00 in Dresden an und brachten die ersten aus Dresdner Autos ins Hotel bis unsere Flüchtlinge bei jemand privat unterkamen, dort erwartete sie eine große Wohnung, welche spontan in 3h bezugsfähig gemacht wurde. Wir übergaben noch von uns gesammelte 450€, dass sie erstmal etwas haben für die nächsten Tage und die Frau konnte es nicht fassen und brach in den Tränen aus, das war der Moment wo ich auch wieder mit mir kämpfen musste nicht gleiches zu tun, als der Kumpel des Wohnungsanbieters auf Russisch noch mitteilte, dass der Kühlschrank voll ist und Brotbüchsen für die Weiterreise da sind, liefen wieder die Tränen dieses Mal bei allen Frauen, da muss man schon mit sich kämpfen nicht auch zu weinen und es tut unendlich gut, zu wissen wie sehr man gerade jemand geholfen hat, egal wie anstrengend die lange Reise war. Die eine erzählte wie ihr Haus zerbombt wurde und immer wenn es laut ist, wird sie jetzt panisch und hat einen Drang zu packen, die Kinder lagen auf der Matratze und spielten, genau wie bei den Stopps an den Raststätten. Schön, dass wenigstens für einen Moment Frieden zu spüren ist, wenn auch die Kleinen all das später erst wirklich realisieren werden, was eigentlich gerade alles ablief. Den süßen Spitz der einen Mutter habe ich ganz vergessen, denn 2 Katzen und ein Hund waren auch mit an Bord bei uns
Für uns ging es noch 1h zurück nach Zwickau, Schlafmangel den man selbst Montag noch leicht spürte denn man hat kein Auge zu bekommen und einer Erfahrung, die sich fürs Leben einbrennt. Wildfremde Menschen, die sich dir anvertrauen und mit dir 900km ins Fremde fahren weil ihnen nix anderes übrig bleibt, Frauen die sich von ihren Männern trennen weil diese nicht das Land verlassen dürfen und in den Krieg ziehen müssen, Kinder die ihre Väter womöglich nie wieder sehen, alte Menschen die sich noch auf die Flucht begeben mit über 70 Jahren(unsere 70er hat das eine DD Auto in Leipzig bei Verwandten abgegeben) und all das weil ein einziger Mensch Befehle erteilt.
Dieser Trip hat mein Verständnis für die Wertschätzung unserer demokratischen und friedlichen Werte auf alle Fälle nachhaltig geprägt und am meisten das Gut, dass wir hier Frieden haben. Und wer mal auf die Karte schaut und Kaliningrad googelt, der wird sehen, dass Russland näher ist als man denkt, wenn sich bis dahin das groß-russische Reich ausbreiten soll weil ein alter Mann im Anzug einen Befehl erteilt, ist dann manchen der Krieg immer noch weit genug weg?
Ruhig bleiben und zu schauen was hier abläuft, geht einfach nicht, es könnte uns alle treffen und man kann diese gigantische Zahl an Menschen jetzt nicht einfach allein lassen mit ihrem Leid und wir sonnen uns im unendlichen Wohlstand und mosern nur rum. Während ich diese Zeilen tippe wurde von mir schon der nächste 9er organisiert und für mich geht’s Freitag wieder nach Polen genau wie die Woche darauf, desto mehr Leid man sieht umso mehr motiviert es einen, dieses Unrecht was diese Menschen erfahren und wie sie aus ihrem normalen Leben gerissen wurden, ist krank und entgegen aller Menschlichkeit. Nichts fühlt sich besser an als Tränen der Freude zu sehen und das Wissen, du hast hier gerade einer Familie geholfen die durchmacht, was wir uns nicht ansatzweise vorstellen können. Das Thema lässt mich nicht locker, es ist nah, es ist grausam und es ist an der Zeit zu handeln. Unterm Strich hat man mit ein paar Tagen Organisation von verschiedensten Leute aus verschiedenen Städten mit 16 Fahrzeugen zu verschiedenen Zeiten 33 Menschen mitgenommen und ein sicheres Weiterleben ermöglicht. Wir können vielleicht nicht die ganze Welt retten, aber diese Menschen schon
Krieg ist niemals die Lösung, sondern das Problem. Fuck you Putin!